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AutorenbildSascha

"Will you hurt me?"she whispered, "Please."

Sie steht dort in der Mitte des Raumes. Die Arme und Hände mit einem Seil gefesselt und an einem Ring in der Decke fixiert. Es sieht fast aus, als würde sie beten…wäre da nicht die Strumpfhose, die bis zu den Knien herabgezerrt und das Kleid, das hochgeschoben wurde, um ihren Po zu entblößen. Sie sieht mich mit einer Mischung aus Erwartung und Hingabe an. Meine Hand legt sich an ihre Wange, während ich ihr tief in die Augen schaue. Wir beide wissen um die schweren Lederriemen in meiner anderen Hand. Wissen beide, was als nächstes geschehen wird. Ich dehne den Moment, lasse die Spannung ins Unerträgliche steigern. Bis ich das Flehen in ihren Augen sehe, die intimste aller Bitten: „Tu mir weh…!“. Ein leichtes Lächeln umspielt meine Lippen. Und während ich ihren Blick mit meinem halte, hebe ich langsam die Hand mit dem Lederflogger…

 

Später, wenn sie in meinen Armen liegt, eine weiche Decke um die Schultern, etwas zu trinken in der Hand, wird sie erschöpft aber glücklich davon erzählen, wie sich der erste Schlag anfühlte. Wie das Gefühl durch ihren Körper jagte, wie sich Schmerz und Genuss vermischten und sie in ihren Subspace – jenem meditativen Zustand im BDSM – hinüberglitt. Und mit warmer, zufriedener Stimme wird sie flüstern: „Danke.“



Schmerz ist nicht gleich Schmerz

Im Spiel mit Kink und BDSM geht es oft um Rituale und Praktiken, bei denen das einvernehmliche Zufügen und Empfangen von Schmerzen zwischen Partner:innen eine besondere Rolle spielt. Sei es als Bestrafung oder als Belohnung, zum Zweck der Luststeigerung, als Grenzerfahrung, als Instrument zur Schaffung einer ganz besonderen Intimität – oder alles auf einmal. Eine Ohrfeige kann in diesem Kontext ebenso viel Liebe transportieren, wie der Satz "Bitte, tu mir weh." Es ist jedoch wichtig, mit seine:n Spielpartner:innen herauszufinden, welche Art von Schmerz als gut – also angenehm, luststeigernd empfunden wird. Und welche Art von Schmerz unangenehm, störend oder abtörnend ist. Entlang welcher individuellen Linie sich der Lustschmerz bewegt. Ebenso sollte darüber gesprochen werden, wie mit Verletzungen umgegangen wird, wenn sie doch einmal ungewollt auftreten sollten. Ob und welche Spuren zurückbleiben dürfen - oder sogar sollen. Und welche Form von körperlicher und emotionaler Nachsorge für alle Beteiligten notwendig ist.

 

Gerade im Kontext von Kink und BDSM – dem spielerischen Erforschen all unserer sinnlich-dunklen Fantasien und Bedürfnisse – spielt das Erleben, Zufügen und genießen von Schmerz früher oder später oft eine Rolle. Nicht umsonst ist der zum Spanking entblößte Po, die Gerte in der Hand des dominanen Parts ein Bild, das in unseren Köpfen immer wieder auftaucht, wenn es um Fantasien lustvoller Unterwerfung und Hingabe geht.


Doch Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Im Dunkeln auf einen Lego-Stein zu treten oder sich wohlig stöhnend unter einer intensiven Massage zu winden, sind zwei völlig unterschiedliche Erfahrungen von Schmerz. Ebenso wie die Bewertung des Erlebnisses danach: Der Lego-Schmerz lässt uns genervt und frustriert zurück, an den Schmerz der Massage knüpft sich ein matter, glückseliger Entspannungszustand. Im Kontext von Kink/BDSM ist es nicht anders: Die richtige Art von Schmerz fühlt sich gut an. Bringt uns mit uns selbst in Kontakt, holt uns in den Moment und schenkt uns ein Gefühl der Läuterung, das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Die falsche Art tut dies nicht. Wir fühlen uns wund, unsicher, unbefriedigt und sind im Außen - immer wieder herausgezerrt aus dem Moment, in den wir uns eigentlich versenken wollen. Wie aber finden zwei (oder mehr) Spielpartner:innen heraus, welche Art und Intensität die Richtige für sie ist? Nach meiner Erfahrung spielen drei Faktoren eine große Rolle:


Kommunikation, Rahmen und individuelles Schmerzempfinden

 
Der scharfe Biss der Gerte oder das satte Klatschen des Lederfloggers?

Über die Kommunikation im BDSM, der Aushandlung von Konsens, Szenen und Spielarten haben wir schon geschrieben. (Den dazu Artikel findet ihr hier) Hier aber nochmal kurzer Überblick: Jede meiner Sessions ist eingebettet in ein Gespräch über bisherige Erfahrungen, Wünsche, Vorlieben, Grenzen, Trigger, Bedürfnisse und Intentionen meiner Spielpartner*in und mir. Über das erotische Kernthema, dass die Story in unseren Köpfen maßgeblich bestimmt, in deren Licht wir das Geschehen einer Session betrachten und erleben. Bereits vor dem Spiel sollte also detailliert und offen darüber gesprochen werden, welche Art und Intensität von Schmerz erwünscht ist. Welches Setting für uns reizvoll ist, welche Mindfucks und welche Handlungen und Worte wir dabei mögen. Und was unter all diesen Dingen vermieden werden soll. Es gibt Menschen, die lieben den stechenden Schmerz einer Gerte, finden den dumpfen Schmerz eines Floggers aber langweilig. Andere wiederum genießen das satte Klatschen des Leders auf ihrer Haut und können sich durch den richtigen Rhythmus in einen ekstatischen Trancezustand „peitschen“ lassen, wären jedoch durch den scharfen „Biss“ der Gerte schon nach wenigen Hieben am Ende ihrer Schmerztoleranz und Lust. Und andere wiederum wollen gar keinen Schmerz spüren, sondern sich lediglich im Seil oder im Machtgefälle einer Session fallen und führen lassen.


Im Spiel selbst benutze ich ein System aus verbaler und non-verbaler Kommunikation. Das kann ein kurzer Austausch, ein kurzes Nachfragen „Wie geht es Dir?“, „Brauchst Du eine Pause?“, „Ist das zu fest?“ etc. sein. Dazu kommt ein Set von Safe-Wörtern. Zum Beispiel „Gelb“ für weniger bzw. Pause und „Rot“ für Stopp bzw. Spielabbruch. Hinzukommen Handzeichen, Kontrollgriffe etc. Zum einen fällt es einigen Partner:innen leichter, die eigenen Grenzen in einer Szene durch bestimmte Gesten zu kommunizieren als durch Worte. Zum anderen kommt im Spiel einfach oft vor, dass der/die Spielpartner:in den Mund zu voll hat für eine klare Artikulation. Verschiedene Szenarien brauchen verschiedene Sicherheitsmaßnahmen und Kommunikationsformen, um sicherzustellen, dass sich alle Beteiligten in dem Bereich bewegen, der für sie wünschenswert ist.

 
Schafft einen Rahmen, in dem alle Beteiligten sich sicher und aufgehoben fühlen

All die Kommunikation vor einer Szene hat nicht nur den Zweck, sich darüber auszutauschen, was wie passiert und um sorgfältig auszuwählen, welche Stimulationen sich richtig bzw. erträglich anfühlen. Sie dient auch dazu, einen Rahmen zu schaffen, in dem sich alle Beteiligten sicher und aufgehoben fühlen. Das bewusste und sichere Spielen, Erforschen und Ausleben im Kink/BDSM – das damit verbundene Potential – bei uns selbst anzukommen, uns ganz neu zu entdecken – ist erst dadurch möglich, dass wir eine sichere Umgebung schaffen. Einen sicheren Raum, in dem wir intensive Stimulationen und Zustände zulassen können, ohne zu erstarren, von Scham überwältigt zu werden oder in Angst oder Panik zu verfallen. Unser individuelles Schmerzempfinden ist nicht festgesetzt. Ob wir müde oder gereizt sind, ob wir uns sicher oder unsicher fühlen, ob wir unserem Partner vertrauen oder nicht: All dies und noch mehr, trägt dazu bei, ob Körper und Psyche das Schmerzempfinden in diesem Moment hochschrauben oder herabsetzen. Es ist zwar die Aufgabe des dominierenden Parts den vereinbarten, sicheren Rahmen über den Verlauf einer Session hinweg zu halten, dieser Rahmen muss aber erstmal gemeinsam gesetzt werden. Der sich hingebende Part darf sich nicht darauf ausruhen, zu sagen. „Mach mit mir, was Du willst.“ Das ist zwar in der Fantasie reizvoll, aber in der Realität haben die meisten von uns bereits eine Richtung im Kopf, in die es gehen soll. (Stichwort erotisches Kernthema). Es macht eben einen Unterschied, ob Du Dich in einem dunklen Keller angekettet und auf allen Vieren aus einem Napf fressend wiederfindest, oder bei Kerzenlicht zu Piano-Musik und unter gefühlvollen Klapsen auf den Po kunstvoll gefesselt wirst. Welches Setting für alle Beteiligten das Richtige ist, sollte also untereinander unbedingt abgestimmt werden.

 
Sex ist ein Kontaktsport

Dort, wo verschiedene Körper aufeinandertreffen kann (und wird) es auch passieren, dass Unfälle und Verletzungen entstehen. Dabei ist natürlich stets zwischen unbeabsichtigten und mutwilligen Verletzungen und Grenzüberschreitungen zu unterscheiden. Grundsätzlich sollten sich alle Spielpartner*innen über die Gefahren und Risiken der jeweiligen Spielarten im Klaren sein. Insbesondere der dominante Part muss wissen, was er/sie tut, was passieren könnte, wie er/sie plant, das Risiko zu mindern und wie ggf. mit Unfällen umgegangen wird. Das sollte auch mit der bzw. dem Spielpartner:in besprochen werden. Ohne, dass beide wirklich wissen, was passiert und was passieren kann, kann es keinen wirklichen Consent, das heißt keine wirkliche Einvernehmlichkeit geben (Stichwort "Informed Consent"). Passiert in einer Session etwas, was die Unterbrechung des Spiels notwendig macht, sollte der/die verletzte Partner:in erstmal körperlich und emotional stabilisiert werden. Wie das zu geschehen hat, kann ziemlich individuell sein und sollte im Gespräch vor der Session besprochen werden. Körperliche Verletzungen sollten angemessen versorgt werden und ggf. darüber entschieden werden, ob ein Besuch beim Arzt notwendig ist. Ist der erste Schreck erst einmal überwunden, redet darüber, was passiert ist. Was falsch gelaufen ist, welche Grenze verletzt worden ist. Das ist nicht der Moment für Schuldzuweisungen, Rechtfertigungen oder Uneinsichtigkeit aus verletzem Stolz. Bleibt sachlich, wertschätzend und offen. Sagt, wie ihr die Situation wahrgenommen habt. Was ihr gebraucht hättet. Und was ihr euch für eine ähnliches Szenario in Zukunft wünscht. So können alle Beteiligten an der Situation wachsen, Vertrauen (wieder)aufbauen und es im kommenden Spiel besser machen.

 
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Und auch wenn die gemeinsame Session ein sinnlich-rauschhaftes Abtauchen in die Abgründe eurer Fantasien war: Nehmt euch danach Zeit füreinander und dafür, gemeinsam wieder in die Realität zurückzukommen. Dieser Moment der Aftercare bestimmt für uns oft maßgeblich, ob die Session als gute oder weniger gute Erfahrung in uns abgespeichert wird. Gerade der sich unterwerfende Part erlebt nach einer intensiven Session oft einen kleinen „Absacker“, wenn sich all die köstlichen Hormone langsam wieder verflüchtigen. Etwas zu trinken, eine Decke und etwas Schokolade machen die Landung deutlich weicher. Sprecht darüber, wie jede:r das Spiel erlebt hat, was besonders schön, überraschend und aufregend war - und was nicht so schön oder zu viel war. Hier ist auch Gelegenheit, darüber zu reden, ob Lust geweckt wurde, beim nächsten Mal bestimmte Spielarten oder Grenzbereiche miteinander weiter zu erforschen. Nehmt euch Zeit, gemeinsam aus dem gerade Erlebten zu erwachen. Und freut euch auf die nächste gemeinsame Szene. Denn nach dem Spiel ist ja bekanntlich vor dem Spiel.


Stay safe, play wild!


 

*Wenn euch das Thema interessiert und ihr mehr über Kink, Consent, Kommunikation und das erotische Kernthema erfahren wollt, freuen wir uns, euch in unseren Online Workshops oder in einem Privat-Coaching zu sehen.


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